Der Vorlesetag am 12. November 2004

Im Rahmen der Initiative "Wir lesen vor – überall & jederzeit" von Stiftung Lesen und DIE ZEIT lasen deutschlandweit am 12. November zahlreiche Prominente und Bücherfreunde in Buchhandlungen, Kindergärten, Schulen und Bibliotheken aus ihren Lieblingsbüchern vor. Schulen bildeten hierbei als Veranstaltungsort einen Schwerpunkt des Aktionstages "Große für Kleine". Ein Viertel aller 15-Jährigen in Deutschland kann nicht richtig lesen, fast die Hälfte nimmt nie ein Buch zum Vergnügen in die Hand. Die Zahl der Eltern, die ihre Kinder zum Lesen ermuntern, hat sich in den letzten Jahren halbiert. Um das Vorlesen und Erzählen wieder populär zu machen, hat sich unsere Schule an dieser Aktion mit dem Projekt "Vorlesekette" beteiligt.
Große (die Klasse 6b) lasen für Kleine (Kindergartenkinder des Kinderhauses Herzogenried),
Größere (der Deutsch-Kurs 12-2) für die Großen (Hortkinder des Kinderhauses und SchülerInnen der Klasse 6b)
und die Älteste (Deutschlehrerin Ute Bachmann-Schäfer) las für die Größeren (Kurs 12-2).
Das alles fand in ganz kleinen Gruppen statt, individuell für die Bedürfnisse der jeweiligen Altersklasse angepasst mit speziell für sie ausgewählten Büchern.

 

Die Klassen 6b und 12,2 (Deutsch) waren dabei und schildern ihre Eindrücke

Am Freitag, den 12.11.04 marschierten wir, die Klasse 6b zusammen mit unserer Lehrerin Ute Bachmann-Schäfer ins Kinderhaus Herzogenried, um dort Kindergartenkindern im Alter zwischen 3 und 6 Jahren aus Bilderbüchern vorzulesen. Ein Zweierteam von uns hatte jeweils ein Buch vorbereitet und betreute immer 2-3 Kindergartenkinder. Wir lasen in zwei Schichten: die ersten waren gleich mit Vorlesen dran, die anderen konnte noch mit den Kindern im Hof spielen.

MEINE ROLLE ALS VORLESER:

Meine Partnerin Esengül und ich lasen Maurice und Thomas das Buch "Towser und das Schreckensding" vor. Sie hörten gut zu und waren beide sehr interessiert. Bevor wir anfingen, hatte ich etwas Angst, mich zu verlesen. Ich habe dabei vieles gelernt, z.B. dass es nicht so einfach ist, kleinen Kindern vorzulesen, dass es nicht gut ist, wenn man sich einen zu engen Plan macht, denn es kommt dann ganz anders, als man denkt. Nachdem wir gelesen hatten, gingen wir mit den Kleinen hinaus zum Spielen, wir saßen zu viert auf einer Wippe. Es war sehr schön, aber leider mussten wir schon bald gehen. Maurice war sehr traurig, als wir uns verabschiedeten. Ich hoffe, dass wir irgendwann wieder einmal dorthin gehen."
 (Aylin, 6b)
"Es ist nicht immer leicht, die "Erwachsenen-Rolle" zu übernehmen, aber ich kann Verantwortung übernehmen. Außerdem war es ein sehr schönes Gefühl, einmal die "Große" zu sein. Es hat sehr viel Spaß gemacht!" (Konstantina, 6b)
" Als ich unsere Kinder zum ersten Mal sah, fand ich sie einfach süß. Unbeholfen, mit großen Augen und interessiert schauten sie uns an. Sie führten uns ganz ruhig zum Leseplatz. Linus las als erster und es war sehr witzig; er las sehr gut und die Kinder hörten aufmerksam zu... Schließlich hieß es Abschied nehmen und ich war sehr betrübt, denn es hatte mir Spaß gemacht und ich hoffe, dass ich die Kleinen noch einmal wiedersehen werde." (Julian, 6b)
"Wir waren schon ein bisschen nervös und ängstlich, wie die Kinder reagieren würden. Am Anfang waren sie sehr schüchtern, doch nach einem Gespräch öffneten sie sich uns gegenüber... Es war sehr gemütlich und die Kleinen freuten sich über unseren Besuch. Es tat uns leid, als die Zeit zu Ende ging und wir gehen mussten. An diesem Tag habe ich auch gelernt, wie sich Lehrer an einer neuen Schule in ihrer ersten Stunde fühlen." (Alexandra, 6b)
"Nach dem Vorlesen haben wir die Kinder über das Buch befragt. Wir hätten nicht gedacht, dass 4-jährige Kinder sich so viel merken können. Außerdem habe ich kapiert, dass Kinder sehr unterschiedlich sind und man viel Geduld braucht. Aber sie sind einfach wunderbar!" (Melis, 6b)
"Beim Vorlesen habe ich mich gut gefühlt, weil ich bemerkt habe, dass die Kinder mir gut zuhören. Ich freute mich, dass sie anschließend fast alle Fragen zum Buch beantworten konnten, wenn auch nicht immer richtig. Das ist doch egal! Am Anfang waren die Kinder sehr müde und nicht gut gelaunt, aber schon nach einer Seite wurden sie lockerer und entspannter. Am Ende fanden sie die Geschichte toll! Es hat uns allen einen Riesenspaß gemacht und wir wollen noch einmal so etwas machen, obwohl es auch anstrengend war." (Martin, 6b)
"Als wir lasen, hatte ich das Gefühl, dass das Buch ihnen gefällt; aber je länger es dauerte, um so weniger konnten sie zuhören und ich wurde etwas nervös. Da wurden die Kinder auch aufgeregter." (Annika, 6b)
"Ich dachte erst, die Kinder würden nicht zuhören sondern herumtoben, aber das war nicht der Fall; sie hörten sehr aufmerksam zu und das erfreute mich sehr." (Ingmar, 6b)
"Dort lernte ich, wie man für Kleinere Verantwortung übernimmt, und dass es wichtig ist, dass man ihnen keinen Blödsinn vorliest, da sich die Kleinen uns zum Vorbild nehmen. Ich habe erfahren, dass man ihnen etwas Zeit geben muss, bis sie aus sich herausgehen und anfangen über das Buch zu reden. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, da die Kinder sehr dankbar waren." (Kim, 6b)
"Ich war ein bisschen aufgeregt, denn ich hatte noch nie vor fremdem Publikum vorgelesen, vor allem nicht vor so kleinen Knirpsen. Tim und ich mussten auch noch zwei Mädchen vorlesen, die anfangs sehr zurückhaltend waren. Dann fingen wir an zu lesen und bemerkten, dass die Kleinen jetzt sehr viel mehr Vertrauen zu uns hatten. Es ist einfacher, gut vorzulesen, wenn die Zuhörer auch gerne zuhören. Vielleicht müsste ich das nächste Mal noch etwas offener auf die kleinen Kinder zugehen und sie mehr über die Bilder selbst reden lassen." (Maximilian, 6b)
"Wir hatten die zwei Kleinsten, deshalb kam auch noch eine Kindergärtnerin mit, weshalb wir noch mehr aufgeregt waren. Als ich dann aber anfing vorzulesen, legte sich das Gefühl schnell. Lehrer haben es nicht immer einfach, Vorbild sein ist nämlich anstrengend. Aber es hat mir sehr viel Spaß gemacht!" (Lisa, 6b)
"Ich hatte die Verantwortung übernommen, das Buch ohne Fehler zu lesen und interessant zu gestalten." (Fabian, 6b)
"Ich war sehr entspannt und locker. Vor allem war ich erfreut, dass die Kleinen gut zuhören ohne zu stören. Dadurch, dass die Kinder mitgemacht haben, fühlte ich keine Aufregung mehr. Es war ein schönes Erlebnis." (Niko, 6b)
"Wir haben uns gut gefühlt, weil es den Kindern gefallen hat und sie immer zuhörten." (Marcel, 6b)
"Unsere Kinder mussten sehr über die Bilder lachen. Es war eine schöne Erfahrung und ich finde, dass wir so etwas öfter machen könnten." (Angelos, 6b)
"Ich fand es supertoll: Ich fühlte mich richtig erwachsen und war selbstbewusst. Da hat man erst gesehen, wie groß man schon ist. Den Kindern hat das Buch gefallen, das war richtig zu sehen." (Dominik, 6b)
"Nur der Abschied fiel schwer." (Linda, 6b)
"Ein paar Tage später erhielten wir einen Dankesbrief, selbstgemalte Bilder zu den von uns vorgelesenen Büchern und Süßigkeiten. Das war eine Freude!" (Tim, 6b)

Anschließend gingen wir wir Kinder zum ersten Mal wieder den weiten Weg zurück in unsere Schule, wo Schüler der 12 .Klasse, die auch bei Frau Bachmann-Schäfer Deutsch haben, uns eine Geschichte vorlasen. Auch hier wieder wurde in kleinen Gruppen gelesen und zwar eine von Paul Maar extra für diesen Tag geschriebene Geschichte.



MEINE ROLLE ALS ZUHÖRER:

"Naja, eigentlich war es sehr schön, Zwölftklässlern zuzuhören und die Geschichte, die sie mitgebracht hatten, war gut. Es war für mich an diesem Tag plötzlich ein anderes Gefühl zuzuhören. Es fiel mir nicht leicht, einfach ruhig auf dem Stuhl zu sitzen. Die Vorleserin war mir bekannt, es war Grazyna, die mich im Mentorenkurs "0. Stunde" letztes Jahr unterrichtet hatte. Sie wechselte sich immer mit ihrer Freundin beim Lesen ab. Das war eine gute Taktik, denn wenn eine anfing zu lesen, konnte sich die andere ausruhen und auf ihr nächstes Lesen vorbereiten. Das war echt Spitze, denn die beiden lasen als Partner sehr gut!" (Patrick, 6b)
"Die Geschichte war toll und die Vorleser auch. Als Zuhörer achtete ich plötzlich immer darauf, dass ich nicht zu laut bin." (Linda, 6b)
"Es war sehr entspannend einfach nur zuzuhören, wie die Großen lesen können." (Simon, 6b)
"Plötzlich fühlten wir uns wieder ganz klein. Aber ich freute mich auch den Großen zuhören zu können. Die Geschichte von Paul Maar war sehr gut." (Dominik, 6b)
"Auf jeden Fall war es ein schöner Tag!" (David, 6b)

 

Nachdem die Zwölftklässler den eigenen Quintanern vorgelesen hatten, marschierten sie los, um den Hortkindern im Kinderhaus Herzogenried vorzulesen, wieder in kleinen Gruppen und in zwei Schichten. Als Dank las ich Ihnen vor. Hier ein Beispiel für deren Eindrücke:

"Für viele von uns war es eine neue Erfahrung und eine ungewohnte Situation, vor kleineren Kindern vorzulesen. Wir wussten nicht, wie sie auf den Text und auf uns reagieren würden. Wie sollten wir uns verhalten, wir waren ja eine Art Vorbild für sie?! Allen war klar, dass wir unsere ganze Schule in diesem Hort repräsentieren würden. Damit lag eine große Last auf uns, die wir alle spürten.

Die Rückmeldung unserer Sechstklässler am LFG kam prompt und war äußerst kritisch, so dass sich vielleicht bei einigen von uns schon gleich etwas in der eigenen Haltung und in der Einstellung änderte. Die Hortkinder waren dann aber sehr glücklich, als wir ihnen vorlasen, das konnte man an ihren Reaktionen sehen. Sie wirkten wirklich traurig , als wir uns verabschiedeten. Viele baten uns, noch ein bisschen hierzubleiben und mit ihnen zu spielen. Wir alle hatten keine Probleme beim Vorlesen und als Fazit blieb ein rundum positives Gefühl. Alle hatten viel Spaß an diesem Tag und wir waren um einige Erfahrungen und Erkenntnisse reicher geworden." (im Namen des Kurses: Claudio Petrucci)