MM, Donnerstag, 18. November 2004 / Nr. 260

Mathegenie rechnet sich Chancen ausSlawaKisselew

Ludwig-Frank-Gymnasiast Viatscheslav Kisselev vertritt die Schule im Bundeswettbewerb


Die Geschichte der Mathematik als Wissenschaft begann mit Pythagoras. Sein programmatischer Ausspruch in dieser Hinsicht war: "Alles ist Zahl." Der "Satz des Pythagoras" und dessen rechtwinkliges Dreieck ist Generationen von Schülern in guter oder auch nicht ganz so guter Erinnerung geblieben. So wie für den griechischen Mathematiker Zahlen sein Leben waren, so ist Viatscheslav Kisselev vom Ludwig-Frank-Gymnasium derselben Droge verfallen.

"Ich habe eine Vorliebe für alles Mathematische und finde es einfach spannend, schwere Aufgaben zu lösen", versucht der 18-Jährige seine Begeisterung zu erklären, die, wenn man seine Geschichte kennt, durchaus verständlich ist.

Viatscheslav kam als 13-Jähriger mit seinen Eltern aus Russland nach Deutschlands und sprach kaum ein Wort deutsch. "Mathe war das einzige Fach, wo ich mich anfangs melden konnte, das ich verstanden hatte, da Mathematik eine internationale Sprache ist. Deshalb habe ich mich damit sehr beschäftigt", so der Schüler. Die Teilnahme am Bundeswettbewerb Mathematik war da nur noch ein Frage der Zeit. "Ich hatte schon öfter am Wettbewerb teilgenommen, war aber an der äußeren Form gescheitert. Jetzt habe ich aber den Dreh raus", lacht er. Und das hat er wirklich: in der ersten Runde belegte er den dritten Platz und muss sich jetzt in Runde Zwei deutlich schwereren Aufgaben stellen. "Er ist der erste Schüler am Ludwig-Frank-Gymnasium, der so erfolgreich ist", äußert sich seine betreuende Lehrerin Bärbel Bachofer.

Ein Rezept für den Erfolg hat der Matheakrobat allerdings nicht. "Ich setze mich einfach hin und suche nach einer Lösung". Zähigkeit ist gefragt. "Es ist keine Arbeit für mich. Es macht mir einfach Spaß. Und oft passiert es im Schlaf. Ich wache morgens auf und habe dann das Ergebnis." Seine Eltern freuen sich natürlich über den Erfolg ihres Sohnes und sind stolz auf ihn. "Sie freuen sich, dass ich etwas Außergewöhnliches an der Schule mache", so Kisselev über seine Eltern Zum Ausgleich für Gehirnakrobatik, vergnügt er sich ab und an im Fitness-Studio oder trifft sich mit Freunden.

"Unser Wissen ist unser Kapital. Die Naturwissenschaften müssen gefördert werden", sagt Mathematiklehrerin Bachofer, die den 18-Jährigen mit Rat und Tat unterstützt. "Viatscheslav ist der Beste unter den Besten. Er ist seit drei Jahren in der Mathe-AG und ich freue mich sehr über seinen bisherigen Erfolg." Das Ludwig-Frank-Gymnasium fördert seit Jahren den mathematischen Zweig und hat aus diesem Grund eine AG ins Leben gerufen. "Mathematisch interessierte Schüler, die weiter kommen wollen, sollen so gefordert werden", sagt Bachofer, die die AG leitet.

"Noch komme ich bei den gestellten Aufgaben mit", sagt Bachofer lachend. "Aber ich weiß nicht, ob ich die Geduld aufgebracht hätte, die man braucht, um die schweren Aufgaben zu lösen." fl