Endstation - Bilder einer gelungenen Premiere am 7. Mai 2011

Programmheft

Fotos: Rietzler

Neckarstadt: Abiturienten des Ludwig-Frank-Gymnasiums zeigen das Stück "Endstation" von Sabrina Gabler

Amoklauf - und alle tragen mit Verantwortung

Der Knall ist lauter als erwartet, das Schießpulver beißt in der Nase; dass es bei diesem einen Schuss bleiben wird, wagt noch niemand zu hoffen. Amoklauf an der Schule - dieser schwierigen Thematik haben sich Abiturienten des Ludwig-Frank-Gymnasiums im Literatur-Theater-Kurs angenommen. Kurz vor ihrem Schulabschluss stehen sie auf der Bühne des Theatersaals und zeigen das Stück "Endstation" von Sabrina Gabler.

In dieser Adaption (Regie: Lucia Laier, Co-Regie: Stephanie Schnorr) stehen allerdings nicht Krawall und Schießerei im Vordergrund, sondern der lange Leidensweg, der Amokläufer zu solchen macht. Die Protagonisten Stefan (Matthias Blösch) und Kai (Marcel Zauner-Wieczorek), deren einfühlsam agierenden Darstellern man ihre Theatererfahrung anmerkt, werden gemobbt, gehänselt und gedemütigt. Nur Stefans Freundin Evi (Julia Baarends) hält zu den beiden. Vor allem die beliebten Schulsportler (Roman Kuris, Dzmitry Litmanovich, Dimitri Gendler) machen den Außenseitern das Leben schwer. Mit der Handykamera gefilmt werden Prügel und Belästigung durch die oberflächlichen Tussis (Sonja Chrobok, Michelle Fox, Sandy Mayer). Diese wirken nicht nur in der Szene überzeichnet, in der sie eine Art Nagellackier-Stöckelschuh-Tanz zum Lied "Barbie Girl" aufführen. Die Hippies (Buket Sarikaya, Katharina Röhrich) unterscheiden sich zwar in ihrem Kleidungsstil von den anderen - aber auch sie meinen, Evi vom Kontakt mit den verachteten Jungs abhalten zu müssen. Keine Hilfe können die Schüler von den Erwachsenen erwarten: Lehrerin Beck (Jennifer Biedermann) schaut weg und Schulpsychologin Stubbe (Larissa Vetter) stellt voller Überzeugung geradezu zynische Fehldiagnosen. Die Eltern tragen mit Zeitmangel und Desinteresse zu den Sorgen der Jugendlichen bei. Obwohl die Aufführung durch absurde Übertreibungen heitere Szenen zu bieten hat, halten nach und nach Düsterkeit und Fatalismus Einzug.

Am Schluss weicht die Inszenierung vom Original ab - denn "das war uns einfach zu brutal", erzählt Hauptdarsteller Matthias Blösch. Deshalb haben die Schüler die Dialoge größtenteils selbst geschrieben. Gerade durch die letzten Szenen erlangt das Stück seinen Appellcharakter. "Jeder macht sich schuldig", resümiert Theaterlehrerin Lucia Laier. Während das Publikum einen langen Moment braucht, um die Bedrückung abzuschütteln, sind die Schauspieler euphorisch und mit ihrer Leistung zufrieden. anz

Mannheimer Morgen
20. Mai 2011

Fotos: Grob