"Mannheimer Morgen", Donnerstag, 2 März 2000

Tierisch gutes Theater

Theater-Minis des LFG zeigten "Die Bremer Stadtmusikanten"



Märchen als Gesellschaftskritik? Spätestens als Felix Mantelgrau, Dichter und Esel, als Namen für das musikalische Quartett "The Animals" vorschlug, war klar, dass man in den "Bremer Stadtmusikanten" ein bisschen mehr sehen kann, als nur eine nette Geschichte. Um das bekannte Happy End vorweg zu nehmen, die vier Tiere entschieden sich doch lieber zu einem Leben außerhalb der vom Zeitgeist und vom Modetrend beherrschten Leistungsgesellschaft, der sie gerade entflohen waren. So behielt die Aufführung der Theater-Minis des Ludwig-Frank-Gymnasiums die märchenhafte Unbeschwertheit, die gerade dem jungen Publikum viel Spaß machte.



Unter der Regie von Lucia Laier und Udo Merz, gelang den jungen Schauspielern aus den Klassen 6 und 8 auf beeindruckende Weise, das Märchen für die Kinder mit der gesellschaftskritischen Inszenierung für die Erwachsenen zu verbinden. Garant für diesen Erfolg waren die vier Hauptdarsteller: Dennis Okon als Felix Mantelgrau, Anna Lena Gillman als Caesar Packan, Boxer und Hund, Marlene Rommel als Susi Spitzohr, Kammersängerin und Katze und Nadine Gehring als Gickel Notkopf, der schläfrige Sprachkünstler und Hahn. Es war beeindruckend, welche Präsenz die Kinder auf der Bühne hatten, wie klar und deutlich sie - und das gilt für das gesamte Ensemble- sprachen, Doch das größte Lob muss ihrer Fähigkeit gelten, tatsächlich die für die vier Tiere typischen Seelen zu zeigen. Einschmeichelnd-samtpfotig schnurrte die Katze über die Bühne und stolz reckte der kleine, aber umso keckere Hahn seinen roten - ja, er war wirklich sehr rot - Kopf in die Höhe. Niedergeschlagen im wahrsten Sinne des Wortes war dagegen der Hund, doch motiviert durch den Esel, der die Gruppe zusammenschweißte, konnte er wieder neue Kraft und Begeisterung schöpfen und vergaß sogar, wie zu Beginn jeden Satz mit einem "berufstypischen" "Verstehste?" zu beenden.




Unterstützt wurden die vier Tiere durch einen hervorragenden Chor. Kristina Brkanac, Matthias Nuss, Nana Rink, Jessica Stenzcl, Simon Corbet, Janka Kauczor, Julia Fast, Noni van der Meer und Maike Karch traten in wechselnden Besetzungen mal als Mehlsäcke, mal als Hennen auf und zeigten mitreißende Gesangsdarbietungen. Besondere Einlagen gab es zu bewundern: In der Jahrmarktszone, die das Schicksal des Hundes zeigte, überraschte Katrin Erdinger als Feuerspeierin, Timo Hagmann verblüffte als Jongleur und Conny Langhammer brillierte mit dem Saxofon. Ergänzt wurde das Ensemble durch Daniel Gorzko, Jasmin Mühleck, Matthäus Materla, Maria Dragon und Marie Luise Gillmann in diversen Nebenrollen.



Den richtigen Pfiff gewann die Inszenierung durch die wundervollen Kostüme (Lucia Laier und Petra Erdinger) und das einfache und wirkungsvolle Bühnenbild (Dieter Wiegand, Annemarie Gogolok). Zusammen mit der musikalischen Begleitung von Bernd Wunderle und der Choreografie von Eva Gratzl, Lara Germain und Eva Maier entwickelte sich die Spielfassung der Bremer Stadtmusikanten, die Lucia Laier und Udo Merz nach dem Kindermusical von Mathias Siebert geschrieben hatten, zu einem tierisch guten Theater. hrb