Zwischen Fantasie und Realität hin und her gerissen

NECKARSTADT: Theatergruppe des Ludwig-Frank-Gymnasiums brilliert mit einem Stück von Paul Maar

Von unserem Mitarbeiter Jan Hendric Bahls

Mit drei Theater AG's an einer Schule befindet sich das Ludwig-Frank-Gymnasium in einer beneidenswerten Situation. Verwöhnt durch zahlreiche Erfolge bei den Schultheaterwochen ist der Anspruch vor allem bei Eltern und Mitschülern gewachsen. Die Schauspielcombo der Mittelstufe (mit sieben Darstellern die kleinste der drei Kreativ-AG's) brilliert derzeit mit einem Jugendstück von Paul Maar ("Der Freundeerfinder").
Beim Heimspiel in der Aula des LFG waren es besonders die Mitschüler, die mit einem erstaunlichen Applauspotential dem Kulturensemble zumindest atmosphärisch den Weg ebneten. Die Geschichte des elfjährigen Stefan erzählt vom Kummer eines Einzelgängers, der zwischen Fantasiewelt und Realität hin und hergerissen, sich mangels Alternativen im Bekanntenkreis, einen Freundersatz erträumt. Was bisweilen schief läuft, lässt vor allem den Vater plus Lebensgefährtin verzweifeln, die auf der Suche nach der passenden pädagogischen Lösung nur noch mehr pubertäres Chaos anrichten und mit einer zerkratzten Plattensammlung bestraft werden. Da hilft nur eins: der Junge braucht eine Freundin.

Die Hoffnung in dieser Richtung wächst mit dem Auftauchen von Katja, einer Mitschülerin Stefans, die im ersten Akt noch mit Mickey herumhängt, einem halbstarken und extrem coolen Ekel, der körperlich zwar tüchtig, im Kopf aber eine verzweifelte Leere offenbart. So scheint also noch nichts verloren und Stefan, anfänglich einsam und ein wenig hilflos, ist einer Freundschaft mit Katja nicht abgeneigt und startet erste Interaktionsversuche.

Die Höhepunkte der Aufführung findet in den kleinen Rollen statt. Überragend das weibliche Personal. Eine rasante Nervensäge von schräg gegenüber mimt Anna Lena Gillmann als "Nachbarin Frau Götz".

Ebenso mit der nötigen distanzierter Kaltblütigkeit am Werk: Mira Oest. Ob als erträumter "Spacecowboy" oder "Schallplattenhooligan", Oest verkörpert das surreale Fantasiespektakel perfekt, was auch die Fangemeinde in Reihe l mit lautstarken Anfeuerungsrufen goutiert. Der ambitionierten Nebendarstellerin wünscht man für die folgenden Stücke eine tragendere Rolle.

Sehr bemüht, aber spürbar nervös die männlichen Kollegen. Die schwierigen Momente waren wieder die leisen Szenen. Sowohl Vater Bruno (Martin Seber) als auch Sohnemann Stefan (Christian Gillmann) konnten sich im Verlauf der Vorstellung steigern. Attraktiv und glaubhaft schnöde:
David Handlos-Littler als Obermacker Mickey, der ebenso untadlig sein Spiel durchbrachte, wie Nadine Gehring als Brunos Lebensgefährtin Verena und Raissa Forler als Stefans Mitschülerin Katja.

Inszeniert wurde das flotte Jugendzimmerabenteuer von den LFG-Lehrern Udo Merz und Max Siefert, die sich auf eine perfekt organisierte Hintergrundtruppe um das Pädagogentrio Lucia Laier (Kostüme), Dieter Wiegand (Bühnenbild) und Karl- Heinz Sachs (Licht und Ton) verlassen konnten.