Gerechtigkeit siegt über grausame Lebensumstände

Ludwig-Frank-Gymnasiasten spielen im Schnawwl "Das besondere Leben der Hilletje Jans" (Mannheimer Morgen vom 29. April 2002)

Mit Bravorufen und begeistertem Applaus feierte gestern das Schultheaterwochenpublikum die Theater-AG "Zettels.Traum". Die Ludwig-Frank-Gymnasiasten spielten "Das besondere Leben der Hilletje Jans" nach einem Stück des Amsterdamer Kinder- und Jugendtheaters. Und ihr Auditorium im Schnawwl ließ sich nur all zu gerne von der bestechenden Leistung des Ensembles mitreißen. Und vom Charme der tief traurigen Geschichte aus dem 18. Jahrhundert mit dem überraschenden Happy End. Denn zunächst sieht es so aus, als sei das Waisenkind Hilletje Jans ausweglos in einen Teufelskreis aus Armut, Lieblosigkeit, Gewalt und Ungerechtigkeit verstrickt. Die Verwandten nutzen ihre Hilflosigkeit aus, schieben der Unschuldigen schließlich sogar einen Mord in die Schuhe. Nach verbüßter Haftstrafe gelingt der jungen Frau jedoch eine ungewöhnliche Emanzipation: in Männerkleidern nimmt sie mutig ihr Leben selbst in die Hand und erlangt als Kapitän Jan Hille Ruhm, Ehre und sogar die Hand einer schönen Frau. Als jedoch in der Hochzeitsnacht der Betrug auffliegt, soll Hilletje gehängt werden. In letzter Minute begnadigt sie der Prinz von Oranien. Hilletje darf an den Hof des Königs von Frankreich reisen und die Liebenden können sich die Hände reichen.


Sowohl Katrin Erdinger, in der Rolle des jungen Mädchens, als auch Marleen Silbermann in der Hosenrolle zeichnen ergreifend den Lebensweg der Protagonistin nach. Die Erzählerinnen Eva Best und Marie Luise Gillmann kommentieren das Geschehen durch ihre ironische, rosarote Brille, schaffen Distanz zum Leid der armen Waise und lassen das Publikum trotz aller Schwere immer wieder befreit aufatmen und lachen.
Großes Lob gebührt auch Tanja Häußer als abgebrühter Tante Therese, Marlene Rommel in der Rolle der intriganten Cousine Roosje, Dennis Okon als weltfremdem Sänger Gerbrand van Raamsdonck und dem restlichen Ensemble. Einziger Mini-Einwand: Vielleicht würden einige der tieftraurigen Szenen, wie beispielsweise die Entlarvung als Frau und Verkündung der Todesstrafe, noch an Dramatik gewinnen, wenn die Darsteller ihre Stimmen in diesen Textpassagen etwas zurück nehmen könnten.
Bühnenbild und Choreografie bestechen in ihrer schlichten Geradlinigkeit. Gelungen auch die Idee der Regisseure Lucia Laier, Udo Merz und Max Siefert, die Gesangsszenen mit dem kompletten Ensemble, statt nur mit den Erzählerinnen, zu besetzen. Im Gegensatz zur Originalfassung gewinnen die vertonten Text-Passagen an Eindringlichkeit und bieten allen Akteuren Raum zum musikalischen Ausdruck.
Herzlicher Beifall für eine klasse Inszenierung.    mai